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Gib Mobbing keine Chance!

Mobbing geht uns alle an

Sissi St. Croix
Blogger against Mobbing

Heute möchte ich mit dir über Mobbing sprechen. Das Thema brennt mir schon länger auf der Seele, ist aber leider im Alltagsgeschehen immer wieder in den Hintergrund gerutscht. Doch am Nachmittag bin ich zufällig über Emilys Aktion → Blogger against Mobbing gestolpert und möchte mich jetzt mit diesem Beitrag daran beteiligen. Es gibt Themen, die wichtiger sind als jeder noch so liebevoll ausgeklügelte Themenplan. Finde ich zumindest und sehe daher gelassen darüber hinweg, dass ich mich jetzt »eigentlich« darum kümmern sollte, die Testberichte und Artikel aufzuarbeiten, die in den letzten Wochen durch den krankheitsbedingten Ausfall unseres Teams liegen geblieben sind.

 

Mobbing geht uns alle an!

Mobbing kann jeden treffen – im realen wie im virtuellen Leben. Ich selbst war schon wiederholt Mobbing ausgesetzt: zu Schulzeiten (nur haben wir das damals noch nicht so genannt), am Arbeitsplatz, im Verein und online, in Diskussionsforen. Alles keine angenehmen Erfahrungen, doch ich konnte sie überwinden und verarbeiten. Verziehen habe ich den Tätern allerdings bis heute nicht. Dazu bin ich nicht »Om« genug.

In meinem Freundes- und Familienkreis gab es ebenfalls schon Mobbing-Attacken – durch Lehrer, Kollegen, Nachbarn und Angehörige. Sämtliche Schikanen und Belästigungen geschahen unprovoziert. Keiner von uns ist in irgendeiner Weise schwach, ängstlich, konfliktscheu oder gar unterwürfig – im Gegenteil! Auslösende Momente bei den Tätern waren offensichtlich ein geringes Selbstwertgefühl, »Platzhirschängste«, Neid, Missgunst, Hass und in drei Fällen – man lese und staune – unerfülltes sexuelles Begehren.

Du siehst: Weder gibt es »typische« Mobbing-Opfer noch allgemeine Verhaltensregeln oder Tricks, um sich vor Mobbing-Angriffen und ihren potenziellen Folgen zu schützen. So sprechen aktuelle Statistiken davon, dass allein in Deutschland jährlich rund 1,5 Millionen Menschen unter Schikanen am Arbeitsplatz leiden. Nach dem → Mobbing-Report 2002 (Kurzfassung als → Download) ergibt sich folgendes Bild:

 

Mobbing in Deutschland

  • Mobbing kommt überdurchschnittlich häufig im Gesundheits- und Sozialwesen (Stichwort: Pflegeberufe!), in der öffentlichen Verwaltung und im Erziehungssektor vor.
  • In über 50 Prozent aller Fälle sind Vorgesetzte am Mobbing-Geschehen beteiligt.
  • Mobbing-Prozesse enden in mehr als 50 Prozent der Fälle durch Kündigung bzw. Auflösung des Arbeitsvertrages.
  • Man schätzt, dass jeder vierte Selbstmord auf berufliche Konflikte zurückzuführen ist.

 

Was ist Mobbing?

Wo fängt Mobbing an – und wo hört es auf? Darüber streiten Psychologen und Soziologen noch immer ebenso heftig wie über die Frage, ob Mobbing wirklich ein modernes Phänomen oder so alt wie die Menschheit ist. Wann wird aus dem Necken unter Vereinskameraden Mobbing? Was ist mit der kleinen Stichelei der Kollegin über die Frisur der Neuen? Und wie sieht es mit den klassischen Schulhofhänseleien aus?

Die Übergänge sind fließend und werden meist durch strukturelle Faktoren (mit-)bestimmt: Täter betrachten – oft, ohne sich dessen selbst bewusst zu sein – Mobbing als Waffe (soziale Sanktion) im Wettstreit um knappe Ressourcen wie Aufmerksamkeit, Anerkennung, Beliebtheit und Zuneigung, aber auch im Kampf um Aufstiegspositionen in einer Gruppe (Rollenkonflikte) oder am Arbeitsplatz (Einkommen).

Ungünstige Bedingungen wie Langeweile bis hin zur Monotonie, Über- und Unterforderung, Stress, Mängel in der Kommunikations- und Informationsstruktur und/oder mangelnder Handlungsspielraum gelten unter anderem als fördernd für die Entwicklung eines Klimas, in dem Mobber munter gedeihen. Traurig nur, dass genau diese Punkte viel zu oft zum Alltag in Schule und Beruf gehören …

Wie schnell wird da nach einem Sündenbock gesucht, den der Mobber stigmatisieren und durch psychischen, wenn nicht gar körperlichen Terror ins soziale Aus schieben kann. – Hurra, der eigene Frust ist abgebaut! Doch der Konflikt ist nur scheinbar gelöst: Entweder muss sich der Mobber nun ein neues Opfer suchen oder er gibt seinem aktuellen Opfer »den Rest«. Und was sagt → Wikipedia dazu?

 

Wikipedia wagt eine Definition …

Umgangssprachlich ausgedrückt bedeutet Mobbing, dass jemand – zumeist am Arbeitsplatz, aber auch in anderen Umgebungen – fortgesetzt geärgert, schikaniert, in passiver Form als Kontaktverweigerung mehrheitlich gemieden oder in sonstiger Weise in seiner Würde verletzt wird. Eine allgemein anerkannte Definition gibt es nicht. Die meisten Forscher betonen (…) folgende Gesichtspunkte:

  • Verhaltensmuster: Mobbing bezieht sich auf ein Verhaltensmuster und nicht auf eine einzelne Handlung. Die Handlungsweisen sind systematisch, das heißt sie wiederholen sich ständig.
  • Negative Handlungen: Mobbing-Verhalten kann verbal (z. B. Beschimpfung), nonverbal (z. B. Vorenthalten von Informationen) oder physisch (z. B. Verprügeln) sein. Solche Handlungen gelten üblicherweise als feindselig, aggressiv, destruktiv und unethisch.
  • Ungleiche Machtverhältnisse: Die Beteiligten haben unterschiedliche Einflussmöglichkeiten auf die jeweilige Situation. Eine Person ist einer anderen Person unter- bzw. überlegen. Dazu ist kein Rangunterschied nötig. Eine Ungleichheit kann durch die bloße Anzahl bedingt sein: viele Personen gegen eine Person.
  • Opfer: Im Handlungsverlauf bildet sich ein Opfer heraus, das infolge ungleicher Machtverhältnisse Schwierigkeiten hat, sich zu verteidigen.

 

Sonderfall Cyber-Mobbing

Besonders erschreckend finde ich die sich in den letzten Jahren häufenden Meldungen über Selbstmorde von Kindern und Jugendlichen, die Opfer von Mobbing-Attacken in der Schule, am Ausbildungsplatz oder im Internet geworden sind. Gerade im Netz scheinen die Hemmschwellen für Mobber besonders niedrig zu sein – und ungeliebte Schul- oder Vereinskameraden eine »leichte Beute«.

Viele Kinder und Jugendliche trauen sich in der – scheinbar – anonymen virtuellen Welt eher, Gleichaltrige anzugreifen und in Bild und Text bloßzustellen. Sie nutzen Internetdienste wie Online-Communities, Soziale Netzwerke, Chats, Video- und Fotoplattformen, Websites, Blogs und dergleichen mehr zum Beleidigen und Schikanieren ihrer Opfer. Per Handy wird der Terror noch durch Anrufe, WhatsApp-Mitteilungen, SMS, MMS oder E-Mails verstärkend ergänzt, bis das Opfer keinen anderen Ausweg mehr als im Freitod sieht.

Wann immer solche Meldungen durch die Medien gehen, sitze ich fassungslos vor den Nachrichten oder starre in die Zeitung und kämpfe mit den Tränen. So sehr ich das Internet liebe und es toll gefunden hätte, wenn ich in jungen Jahren bereits Zugriff darauf gehabt hätte, so sehr bin ich auch dankbar dafür, dass meine Generation unberührt von Cyber-Mobbing und Co. aufwachsen durfte.

Heute sieht es anders aus und gerade die Blogger unter uns machen sich mit ihren oft sehr persönlichen Berichten überaus angreifbar. Ein unbedachter Satz im Blog, ein spontaner Kommentar bei Facebook – und schon bricht ein wahrer Shitstorm auf den einschlägigen Social-Media-Plattformen über uns herein. Autsch! Da ist ein dickes Fell gefragt und eine Tasse Tee kann auch nicht schaden, um die Nerven zu stärken.

 

Mobbingopfer fühlen sich oft wie Ertrinkende

Mobbingopfer fühlen sich oft wie Ertrinkende

 

Strategien gegen Mobbing

Doch was unternehme ich nun, wenn ich on- oder offline gemobbt werde? Wenn eine eifersüchtige Frau mich im Bekanntenkreis, bei Auftraggebern und via Twitter und Facebook verleumdet, weil ich mit dem Mann ihrer Träume zusammen bin? Wenn eine beliebte Bloggerin mich öffentlich disst, weil ich Fisch esse und in ihren Augen nur Veganer echte Tierfreunde sind? Wenn eine Leserin mich angreift, weil ich aktuell keine High-End-Kamera zur Verfügung habe und meine Fotos daher leider nicht so schön sind wie von ihr erhofft?

Wenn du jetzt ein Patentrezept von mir erwartest, muss ich dich leider enttäuschen: Wüsste ich eines, würde ich ein dickes, schlaues Buch darüber schreiben, reich werden und 20 Prozent meiner Einnahmen einem Selbsthilfeverein für Mobbing-Opfer spenden. Doch ich kann dir verraten, wie ich mit früheren Mobbing-Angriffen umgegangen bin. Vielleicht sind ja ein paar sinnvolle Tipps für dich dabei!

 

Elf erprobte Tipps für den akuten Mobbing-Fall

1. Analysiere die Mobbing-Situation

Gehe den Konflikt aktiv an und setz dich mit dem Mobbing-Geschehen auseinander. Was ist der Hintergrund für die Ereignisse? Wo liegen die Ursachen? Im Job wird z. B. häufig gemobbt, um Stellen abzubauen oder neu zu besetzen. Im Internet spielt Neid oftmals eine große Rolle, ebenso im Klassenzimmer oder im Verein. Denke auch darüber nach, ob du selbst etwas zur aktuellen Situation beigetragen hast (Überprüfung der eigenen Wahrnehmung). Hast du vielleicht deine Kompetenzen überschritten, dich wichtig gemacht oder einen anderen Menschen verbal verletzt und derjenige schlägt jetzt zurück?

 

2. Überlege dir, ob eine Aussprache unter vier Augen sinnvoll ist

Erfahrungsgemäß ist dies leider meist nicht der Fall. Wenn sich der Mobber überhaupt darauf einlässt, lügt er dir in der Regel frech ins Gesicht, stimmt dir und den vorgeschlagenen Problemlösungen zu, setzt dann aber seine Angriffe fort, sobald du ihm den Rücken zukehrst. Insgeheim legt er dir in diesem Fall dein Anliegen als Schwäche aus. Manchmal ist ein vermeintlicher Mobber aber auch gar kein Mobber, sondern nur ein über einen schwelenden Konflikt zutiefst unglücklicher Mensch, der froh über deine Offenheit ist und selbst ein großes Interesse an einer Aussprache hat. Hier musst du sorgfältig abwägen, ob du vielleicht selbst etwas zur aktuellen Situation beigetragen hast (vgl. Punkt 1.).

 

3. Zeige Selbstbewusstsein

Ganz gleich, ob du nun ein klärendes Gespräch suchst oder dir dieses sinnlos erscheint – tritt stets selbstbewusst auf und lasse dich durch ungerechte Anschuldigungen weder verunsichern noch einschüchtern. Dieser Punkt geht Hand in Hand mit dem nächsten Rat:

 

4. Rechtfertige dich nicht

Ob klein oder groß, dünn oder dick, mit kurzen oder langen Haaren, Glatze oder bunt gefärbt wie ein exotischer Fisch, auf zwei Beinen oder im Rollstuhl, hetero-, homo-, bi- oder transsexuell, evangelisch, katholisch, muslimisch, buddhistisch oder atheistisch, Fleisch- oder Pflanzenfresser, Handyknipser oder Hasselblad-Liebhaber, E-Book-Freund oder Papierfetischist: Deine Eltern haben dir das Leben geschenkt, damit du es so lebst, wie es dir gefällt! Es gibt schon genug Umstände, die unser aller Freiheit beschneiden, da müssen wir uns nicht noch von anderen Menschen sagen lassen, wie wir zu sein haben. Wenn du dich im tiefsten Innern gut findest, dann bleibe dabei!

 

5. Stelle Transparenz her

Hierunter verstehe ich Öffentlichkeit an Schule und Arbeitsplatz, nicht im Internet! Thematisiere das Geschehen gegenüber Vorgesetzten, Betriebsrat bzw. Personalvertretung und Kollegen bzw. Lehrern, Schülervertretern, Klassenkameraden und anderen Vertrauenspersonen und signalisiere dabei offen deine Bereitwilligkeit zur Konfliktlösung. So hat der Mobber im besten Fall keine Chance mehr, sich zu verstecken oder gar Anhänger zu gewinnen.

 

6. Führe ein Mobbing-Tagebuch

Gerade bei Mobbing am Arbeitsplatz und in der Schule, aber auch bei schweren Mobbing-Vergehen im Internet macht es Sinn, über die Ereignisse ein Tagebuch zu führen und die Geschehnisse detailliert zu protokollieren (Eckdaten: Datum, Uhrzeit, Akteure, eventuelle Zeugen, eigene Befindlichkeit). Zum einen erhältst du so einen besseren Überblick über die Situation, zum anderen hilft solch ein Tagebuch bei der eventuell notwendigen Strafverfolgung des Mobbers sowie bei sonstigen rechtlichen Konsequenzen. Nicht zuletzt trittst du so aus der passiven Haltung heraus, nimmst die Sache in die Hand und bekommst einen klaren Kopf!

 

7. Suche dir Rückhalt im Freundeskreis und in der Familie

Sprich mit deinen Lieben über die Mobbing-Situation und stelle klar, dass du dir aktive Unterstützung wünschst, überfordere sie aber nicht. Falls du das Gefühl hast, allein zu sein (ich weiß, dass es viel zu viele Menschen gibt, die leider niemanden haben, der ihnen zur Seite steht), dann schäme dich bitte nicht und wende dich an eine der von mir im Anschluss aufgeführten Adressen – dort wird dir auf jeden Fall geholfen! Auch dein Hausarzt oder Seelsorger können geeignete Ansprechpartner sein.

 

8. Lasse dich nicht ausgrenzen und isolieren

Das ist unter solchen Umständen nicht leicht, aber halte den Kontakt zu Kollegen bzw. Klassenkameraden. Nicht alle stehen auf der Seite des Mobbers, einige werden vielleicht sogar selbst von ihm schikaniert und bieten dir Rückendeckung und Unterstützung an.

 

9. Schaffe dir einen körperlichen und geistigen Ausgleich

Eine Mobbing-Erfahrung bedeutet Stress pur. Achte auf dich und sorge dafür, dass du durch Sport, Spaziergänge an der frischen Luft, Kreativität, das Lesen eines guten Buches, das Kraulen deiner Katze oder was auch immer dich entspannt und dir den Kopf frei bläst, für einen gesunden Ausgleich sorgst. Je seltener deine Gedanken um den Mobber kreisen, desto weniger Macht kann er auf dein (Seelen-)Leben ausüben!

 

10. Lausche in dich hinein

Macht dich der Mobber buchstäblich krank, dann gehe zu deinem Hausarzt, lasse dich untersuchen und gegebenenfalls krankschreiben. Du nützt niemandem – und kannst auch niemandem etwas beweisen -, wenn du dich schlapp und krank zur Arbeit oder in die Schule schleppst. Nicht zuletzt sind wiederholte mobbingbedingte Krankschreibungen auch eine wertvolle Dokumentation, wenn es im Rahmen eines Rechtsstreits um Themen wie Schadensersatz oder Schmerzensgeld geht.

 

11. Informiere dich über Mobbing

Im Anschluss liste ich einige Adressen auf, bei denen du weitere Informationen und Unterstützung findest. Ich werde diese Liste regelmäßig aktualisieren und ergänzen. Du bist nicht allein! Selbsthilfegruppen können eine gute Anlaufstelle sein, um dich mit anderen Betroffenen auszutauschen und ein unterstützendes Netzwerk aufzubauen. Denke daran: Niemand ist eine Insel!

 

Wo bekommst du Hilfe?

→ Mobbing-Selbsttest des PAL-Verlages

→ Initiative gegen psychosozialen Stress & Mobbing (IPSM e. V.)

→ Mobbing-Scout, Fairness-Stiftung GmbH

→ Strategien gegen Mobbing und unfaire Kündigung

→ Verein gegen psychosozialen Stress und Mobbing e. V.

→ Nummer gegen Kummer

 

Sissis Resümee

Ich hoffe, ich konnte dir mit diesem Artikel ein wenig weiterhelfen, falls du selbst zu den Betroffenen gehörst oder einen von Mobbing betroffenen Menschen kennst. Vergiss bitte nie: Krisen bieten immer auch eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung. Ansonsten möchte ich dir ans Herz legen, die Augen offen zu halten: Gib Mobbern keine Chance! Lache nicht über ihre »Witze«, teile sie nicht im Internet – Worte können ebenso verletzen wie Schläge. Und wenn wir tatenlos daneben stehen, wenn ein Mobber am Werk ist, machen wir uns mitschuldig. Vielleicht beteiligst du dich ja auch an Emilys Aktion und zeigst der Welt, wie du über Mobber denkst? Je mehr von uns Mobbern die »Rote Karte zeigen«, desto besser!

XOXO

Sissi

 

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