Zürich mit der Limmat im Abendlicht

Und mittendrin die Limmat [Swiss Crime]

Der tragische Tod einer Schülerin bei einer Klassenreise sorgt bei Lehrerin Elaine für heftige Schuldgefühle – auch weil sie den Verdacht hat, dass es kein Unfall war. Beweise hat sie jedoch nicht, also behält sie ihre Theorie für sich. Um abzuschließen, verarbeitet sie ihre Vermutung in einem Roman. (Und nein, der heißt nicht »Und mittendrin die Limmat«.) Doch vierzehn Jahre später ereignet sich ein weiterer mysteriöser Todesfall, der alles auf den Kopf stellt: Denn das Opfer ist eine ehemalige Schülerin aus derselben Klasse, und die Vorlage für die Tat liefert Elaines Buch. Was hat das zu bedeuten?

Ein Roman, der wehtut

Kiara Kern hat mit »Und mittendrin die Limmat« einen ganz und gar ungewöhnlichen Kriminalroman geschrieben: Hier gibt es keinen klassischen Kommissar, der Ermittlungen anstellt oder die eine Tat. Vielmehr dreht sich alles um die Leben der beiden Frauen Elaine und Anna, die untrennbar und unheilvoll miteinander verbunden sind.

Beide haben aus unterschiedlichen Gründen eine immense Schuld auf sich geladen und leben seither mit dieser Last, immer in der Angst, dass das Unsagbare an die Öffentlichkeit gelangen könnte. Beide hadern mit ihren Entscheidungen und fühlen sich von der Vergangenheit verfolgt – die eine verarbeitet das Erlebte als Schriftstellerin in einem Roman, die andere mithilfe bildender Kunst.

Die Autorin versteht es meisterhaft, zwischenmenschliche Dynamiken akribisch zu sezieren, sie geht in die Tiefe, dorthin, wo es so richtig wehtut. Sie lässt ihre Leser nicht nur in menschliche Abgründe blicken, sondern stürzt sie mitten hinein. Seine Spannung bezieht der Plot vor allem aus der allgegenwärtigen Gefahr und dem daraus resultierenden Druck für Elaine und Anna, dass jemand hinter ihre Geheimnisse kommen könnte.

Kern greift große Themen auf, ihre Geschichte dreht sich um Schuld, Moral, Angst, Macht und Ohnmacht und skizziert fabelhaft Beziehungen, die auf dünnem Eis stehen. Eigenwillig in Ton, Stil und Story, ist der Kriminalroman originell in seiner Gesamtheit.

Der Plot ist ausgeklügelt: Die Leser können sich nach und nach aus beiden Figurenperspektiven eine stimmige Geschichte zusammensetzen. Und bei aller Komplexität schafft es Kern doch, den Roman geschickt durch aufblitzenden schwarzen Humor und schlagfertige, unterhaltsame Dialoge aufzulockern. Ein intelligenter Krimi, der unter die Haut geht!

»Aufgewühlt betrachtete ich die Limmat, die wie eine pulsierende blaugrüne Ader an mir vorbeizog. Warum hatte die sich nicht längst rot verfärbt? Da verübte man einen Mord, und niemand merkte es. Alles lief weiter wie bisher.«

Aus: Mittendrin die Limmat

Das Buch auf einen Blick

Und mittendrin die Limmat
Und mittendrin die Limmat

Bibliografische Angaben

Titel: Und mittendrin die Limmat (Kriminalroman)
Taschenbuch: 352 Seiten
Verlag: Emons Verlag
Erscheinungsdatum: 22. April 2025 (Originalausgabe)
Sprache: Deutsch
Format: 13,4 x 3,5 x 20,1 Zentimeter
ISBN-10: 3740823917
ISBN-13: 978-3-7408-2391-7
Preis: EUR 18,00 [D] | 18,60 EUR [AT] | um die CHF 26,90 [CH]

Über die Autorin

Kiara Kern stammt aus Zürich und ist gelernte Immobilienbewirtschafterin. Während sie sechs Jahre in Hongkong und Singapur lebte, veröffentlichte sie zahlreiche Blogserien und entwarf ihren ersten Kriminalroman, einen Hongkong-Krimi. Seit 2007 lebt die Autorin wieder in der Schweiz. Es folgten publizierte Kurzgeschichten sowie die unkonventionellen Romane »fremdgefabelt« und »fremdgeträumt«.

Sissis Resümee

Kiara Kern hat mit »Und mittendrin die Limmat« ein psychologisches Meisterwerk geschaffen, das man so schnell nicht wieder vergisst. Selten hat mich ein Buch so gefangen genommen, so erschüttert, so verstört. Wenn es dieses Jahr noch einen aufwühlenderen Kriminalroman geben sollte, dann fresse ich einen Besen. Die Autorin demonstriert mit jeder Zeile, mit jeder kunstvollen Wortspielerei, dass sie zu den ganz Großen gehört. Was für eine Schreibe! Das ist keine schlichte Belletristik mit Biss, das ist Literatur als Kunstform.

Dieser Roman ist eines der wenigen Bücher in meinem Leben, die ich kaum ausgehalten habe. Zu undenkbar, die bloße Vorstellung, dass Kinder zu so etwas fähig sein könnten! Die Emotionen, die diese Geschichte auslöst, gehen nicht nur einfach unter die Haut, sie kriechen wie Maden tief ins Fleisch, fressen die eigene Seele und verpuppen sich, bis sie als ekelerregende, augenlose Kreaturen daraus hervorbrechen und dir gnadenlos klarmachen: Auf dieser Welt ist wirklich alles möglich – und dieses »alles« ist nicht immer etwas Gutes.

Bei alldem dient das pulsierende Leben der Limmatstadt als Bühne. Geschickt webt Kern die Geografie, das Flair und die sozialen Nuancen Zürichs so kunstvoll in die Handlung ein, dass sie die Stimmung der Figuren widerspiegeln. Der Kontrast zwischen den schillernden, mondänen Vierteln und den stillen, dunklen Gassen am Seeufer wird so zum Spiegelbild der inneren Zerrissenheit der Charaktere. Die Limmat selbst agiert als symbolische Grenzlinie zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Schuld und Unschuld.

Die detailreichen Beschreibungen der Stadt lassen die Leser das Gefühl erleben, selbst durch Zürich zu streifen. Kerns Liebe zum Detail zeigt sich auch in der sorgfältigen Darstellung des Lichts, der Geräusche und der Gerüche der Stadt, die dem Roman eine unvergleichliche Atmosphäre verleihen. So wird Zürich von einer bloßen Kulisse zum Resonanzraum der Handlung.

Last but not least liebe ich die vielgestaltige Wortkunst zwischen den Kapiteln, die Tagebucheinträge von Laura, die in ihrer Intensität und Bedeutung der Haupthandlung in nichts nachstehen. Kurz: Ein Muss für alle, die intelligente literarische Regionalkrimis lieben.

Wir sehen uns am Ufer der Limmat!

XOXO

Sissi

[Produktempfehlungen erfolgen rein redaktionell und unabhängig. Alle Preisangaben ohne Gewähr. Produktverfügbarkeiten und Preise können im DACH-Raum variieren. Quelle: Emons Verlag und eigenes Lesevergnügen. Artikelbild: Zürich mit der Limmat im Abendlicht; Foto kuratiert von santosha57 via Adobe Stock.]