Getrennte Wespenbiene (Nomada distinguenda)

Getrennte Wespenbiene

Es summt und flirrt auf sandigen Flächen – und mittendrin huscht eine schlanke Biene mit auffällig rot geflecktem Hinterleib vorbei. Es ist die Getrennte Wespenbiene (Nomada distinguenda), unsere Wildbiene des Monats Juli 2025. Obwohl sie eher an eine Wespe erinnert, gehört sie tatsächlich zu den Wildbienen und erfüllt eine ganz besondere Aufgabe: Ihre Präsenz zeigt uns deutlich, wie intakt und wertvoll Sand- und Kiesgruben als Ökosysteme sind.

Mit nur fünf bis sieben Millimetern Körperlänge ist diese zierliche Wildbiene leicht zu übersehen. Ihre schlanke Gestalt, die kontrastreiche rot-schwarze Färbung und ihre agile Flugweise machen sie aber zu einer Meisterin der Tarnung. Fast perfekt, um hungrige Fressfeinde abzuschrecken. Im Unterschied zu den meisten anderen Wildbienenarten fehlen ihr die typischen Pollensammelhaare. Dieses Merkmal verweist auf ihren parasitischen Lebensstil.

Zwar ist die kleine Biene weitverbreitet, dennoch zählt sie vielerorts zu den »Raritäten« oder gilt sogar als verschollen. Ein Grund dafür ist ihre Abhängigkeit von speziellen Lebensräumen: Sie bevorzugt offene, trockene und sonnendurchflutete Stellen mit karger Vegetation, die sich häufig in Sand- und Kiesgruben oder auf Ruderalflächen finden. Da solche Lebensräume jedoch zunehmend verschwinden, sind ihre Populationen vielerorts stark gefährdet.

Lebensweise

Die Getrennte Wespenbiene ist von Mai bis in den August hinein unterwegs, wobei ihre genauen Flugzeiten je nach Region und Wetterbedingungen variieren. Sie entwickelt zwei Generationen im Jahr. Im Gegensatz zu ihren pollensammelnden Verwandten baut sie keine eigenen Nester und versorgt ihre Brut nicht selbst mit Pollen. Als raffinierte Kuckucksbiene nutzt sie stattdessen die Nester anderer Wildbienen, indem sie ihre Eier heimlich einschleust. Dort ernähren sich ihre Larven vom Pollenvorrat der Wirte. Die Getrennte Wespenbiene ist dabei auf Schmalbienen der Gattung Lasioglossum spezialisiert. Um von diesen nicht entdeckt zu werden, ahmt sie ihre Duftstoffe nach – ein faszinierendes Beispiel für biologische Tarnung.

Zur Eigenversorgung steuert die Getrennte Wespenbiene verschiedenste Blüten an, um hauptsächlich Nektar aufzunehmen. Auch etwas Pollen konsumiert sie gelegentlich, allerdings eher als Ergänzung zu ihrer Ernährung. Sie ist wenig wählerisch und bevorzugt Pflanzen, die leicht zugänglich sind und reichlich Nektar bieten. Auffällig häufig teilt sie die Blütenwahl mit ihren Wirtsbienen, was ihre enge ökologische Verflechtung unterstreicht.

Verbreitungskarte der Getrennten Wespenbiene (Nomada distinguenda)

So kannst du helfen

Wenn du die Getrennte Wespenbiene und ihre Wirtsarten unterstützen möchtest, gestaltest du offene, sonnige Bodenbereiche in deinem Garten und verzichtest auf eine intensive Pflege und Pestizide. Kleine Sandflächen, Trockenmauern und Böschungen bieten ideale Bedingungen. Heimische Wildblumen wie Natternkopf, Hornklee oder Wilde Resede locken ihre Wirtsbienen an.

Weitere Tipps, wie du bienenfreundliche Strukturen schaffst, findest du unter anderem in den von mir vorgestellten Büchern »Mein Insektenparadies«, »Wer Schmetterlinge liebt, muss Raupen füttern«, »Biene sucht Balkon«, »Gartenmomente: Bienen- und insektenfreundlich gärtnern«, »Wildnis im Garten« und »Auf ins Beet! 30 wilde Gartenideen für Radieschenräuber und Bienenretter« oder auch online unter Deutschland summt und Wir tun was für Bienen. Schau einfach mal rein!

Steckbrief

  • Lateinischer Name: Nomada distinguenda MORAWITZ, 1873
  • Flugzeiten: Mai bis August
  • Lebensraum: Sand- und Kiesgruben, vereinzelt in anderen offenen Habitaten, entsprechend ihrer Wirtsbienen
  • Nahrung: braucht nur Nektarquellen
  • Nistweise: baut keine eigenen Nester
  • Wirtsbienen: kleinere Arten der Gattung Lasioglossum, darunter: Zottige Schmalbiene (Lasioglossum villosulum KIRBY, 1802) und Dunkle Schmalbiene (Lasioglossum parvulum SCHENCK, 1853)
  • Gefährdung: in Deutschland weitverbreitet, regional jedoch unterschiedlich gefährdet; sie gilt in mehreren Bundesländern als (stark) gefährdet, wurde mancherorts wiedergefunden, ist teils ungefährdet oder verschollen; in einzelnen Regionen fehlt eine aktuelle Datenlage (1)
  • Besonderheiten: fliegt in zwei Generationen

Bienenliteratur

  • Amiet, Felix & Krebs, Albert: Bienen Mitteleuropas – Gattungen, Lebensweise, Beobachtung. Haupt Verlag, Bern 2012.
  • Bellmann, Heiko & Helb, Matthias: Bienen, Wespen, Ameisen. Kosmos Verlag, Stuttgart 2017.
  • Hemmer, Cornelis & Hölzer, Corinna: Wir tun was für Bienen. Wildbienengarten, Insektenhotel und Stadtimkerei. Kosmos Verlag, Stuttgart 2017.
  • Løken, Astrid: Studies on Scandinavian Bumble Bees (Hymenoptera, Apidae). Norsk ent. Tidsskr. 20: 1–218 1973.
  • Michener, Charles Duncan: The Bees of the World. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2007.
  • Scheuchl, Erwin & Willner, Wolfgang: Wildbienen ganz nah – Die 100 häufigsten Arten schnell und sicher unterschieden. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2024.
  • Scheuchl, Erwin & Wolfgang Willner: Taschenlexikon der Wildbienen Mitteleuropas: Alle Arten im Portrait. Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co., Wiebelsheim 2016.
  • Westrich, Paul: Die Wildbienen Deutschlands, 2. Auflage, 1.700 Farbfotos. Ulmer-Verlag, Stuttgart 2019.
  • Wiesbauer, H.: Wilde Bienen – Biologie–Lebensraumdynamik von über 470 Wildbienen Mitteleuropas, 2. Auflage. Eugen Ulmer KG, Stuttgart 2017.

Sissis Resümee

Die Getrennte Wespenbiene (Nomada distinguenda) fasziniert mit ihrer Lebensweise. Es wird deutlich, welch wertvolles, aber auch gefährdetes Geschöpf wir hier vor uns haben. Ihr parasitärer Lebensstil als Kuckucksbiene, die sich auf Schmalbienen der Gattung Lasioglossum spezialisiert hat, ist ein Meisterwerk der Evolution und unterstreicht die komplexen Verflechtungen in unseren Ökosystemen.

Diese kleine Wildbiene ist ein wichtiger Bioindikator für intakte offene, trockene und sonnendurchflutete Standorte. Es ist spannend zu sehen, wie spezialisiert Wildbienen sein können und wie wichtig der Erhalt ihrer spezifischen Lebensräume ist.

Während die Getrennte Wespenbiene in Deutschland vielerorts als gefährdet oder gar verschollen gilt, zeigt sich in der Schweiz ein ähnliches Bild der Bedrohung für Wildbienen im Allgemeinen. Die »Rote Liste der Bienen« des Bundesamts für Umwelt (BAFU) aus dem Jahr 2024 offenbart, dass 45 Prozent aller Bienenarten in der Schweiz auf der Roten Liste stehen, ein höherer Anteil als bei den meisten anderen Organismengruppen.

Speziell die Getrennte Wespenbiene ist in der Roten Liste der Bienen der Schweiz für 2022 als »NT« (Near Threatened – potenziell gefährdet) eingestuft. Dies unterstreicht die Dringlichkeit, ihre bevorzugten Lebensräume zu schützen und zu fördern.

Leider muss ich feststellen, dass mein eigener Garten, so liebevoll ich ihn auch gestalte, der Getrennten Wespenbiene kein Zuhause bieten kann. Da sie offene Sandflächen, Trockenmauern und Böschungen benötigt und ich über keine solche Flächen verfüge, fehlen die geeigneten Lebensbedingungen.

Trotz meiner Bemühungen um ein bienenfreundliches Umfeld stoße ich in diesem Fall an meine Grenzen. Es ist ein ernüchterndes, aber wichtiges Lehrstück: Nicht jeder Garten kann ein Zuhause für jede Art sein. Vielmehr müssen wir uns bewusst machen, dass der Schutz seltener und spezialisierter Arten wie der Getrennten Wespenbiene über den eigenen Gartenzaun hinausgeht und den Erhalt großflächiger, spezifischer Lebensräume erfordert. Am besten fangen wir gleich damit an. Bist du dabei?

Wir sehen uns im Garten!

XOXO

Sissi

[Quelle: Stiftung für Mensch und Umwelt und eigene Recherche. Grafik: Dominik Jentzsch via Stiftung für Mensch und Umwelt. Artikelbild: Weibchen der Getrennten Wespenbiene (Nomada distinguenda) auf Sandfläche, fotografiert von Roland Günter. (1) Hinweis: In der Verbreitungskarte sind einzelne Wiederfunde (HE, RP, SN)/ungefährdete Populationen nicht abgebildet. Der Status des betroffenen Bundeslandes kann davon abweichen.]