Weibchen der Einhöckrigen Mauerbiene (Osmia niveata) bei der Nahrungsaufnahme auf Berg-Sandglöckchen (Jasione montana)

Einhöckrige Mauerbiene

Klein, unscheinbar und dennoch faszinierend: Unsere Wildbiene des Monats ist die Einhöckrige Mauerbiene (Osmia niveata). Diese besondere Wildbiene besticht nicht nur durch ihre raffinierte Baukunst, sondern erfordert beim Beobachten auch besondere Aufmerksamkeit. Denn obwohl sie vielerorts heimisch ist, bleibt sie unseren Augen meist verborgen.

Die Einhöckrige Mauerbiene misst sechs bis acht Millimeter, ihre Flügel sind bräunlich gefärbt. Das Weibchen erkennen wir leicht an ihrer hellen, braunen Haarfranse am Hinterleib und an ihrer auffälligen gelb- bis orangebraunen Bauchbürste. Beim Männchen hingegen fällt besonders der breite, abgerundete Hinterleib auf. Für die exakte Artbestimmung sind zudem Merkmale wie Kopfform, Mundwerkzeuge sowie der Fundort entscheidend.

Obwohl die Einhöckrige Mauerbiene weit verbreitet ist, braucht es viel Geduld und ein geschultes Auge, um sie zu entdecken. Sie kommt zerstreut und selten vor und bevorzugt offene Landschaften mit intensiver Sonneneinstrahlung, zum Beispiel Kies- und Lehmgruben oder trockenwarme, karge Ruderalflächen.

Auch wenn es zu ihrem Vorkommen immer wieder Nachweise aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands gibt, bleiben ihre genauen Aufenthaltsorte oft rätselhaft. Ihre Verbreitung in einzelnen Bundesländern ist teilweise unklar oder bedarf weiterer Untersuchungen.

Nestbau

Als wahre »Baumeisterin« unter den Wildbienen verwendet das Weibchen der Einhöckrigen Mauerbiene zerkaute Pflanzenteile für ihre Nester. Diese bestehen aus zwei bis sechs Brutzellen, angelegt in vorhandenen Hohlräumen wie alten Käferfraßgängen im Holz. Erfreulicherweise nutzt sie auch künstliche Nisthilfen mit einem Lochdurchmesser von vier bis fünf Millimetern. Die Entwicklung ihrer Nachkommen dauert bis zu zwei Jahre. Manche Larven überwintern als sogenannte Ruhelarve.

Als typische Sommerform können wir die Einhöckrige Mauerbiene von Juni bis Juli beobachten. Ihre Nahrung besteht vor allem aus Pollen von Korbblütlern (Asteraceae), den sie mit ihrer markanten backsteinroten Bauchbürste hauptsächlich von Disteln sammelt. Bei uns in Mitteleuropa sind vor allem die Kratzdisteln (Cirsium), Ringdisteln (Carduus) und Kletten (Arctium) verbreitet und dienen als wertvolle Nahrungsquelle der Mauerbiene. Zudem besucht sie gern Flockenblumen (Centaurea) und Bitterkraut (Picris hieracioides).

Gegenspieler

Die Einhöckrige Mauerbiene hat natürliche Gegenspieler, sogenannte Kuckucksbienen. Zu den bekanntesten gehören die Schwarzflüglige Düsterbiene (Stelis phaeoptera) und möglicherweise auch die Punktierte Düsterbiene (Stelis punctulatissima), die ihre Eier heimlich in die Nester der Mauerbiene legen.

Verbreitungskarte der Einhöckrigen Mauerbiene (Osmia niveata)

So kannst du helfen

Um diese seltene Wildbiene effektiv bei ihrem Brutgeschäft zu unterstützen, können wir ihr kleine, trockene Nistplätze wie Röhrchen aus Bambus oder Holz mit Bohrungen anbieten. Offene sandige oder kiesige Flächen sowie Trockenmauern und Steinhaufen bieten ebenfalls ideale Bedingungen für ihre Nistplätze.

Empfehlenswerte heimische Pflanzen für trockene Standorte sind Wilde Resede (Reseda lutea), Färber-Resede (Reseda luteola), Gewöhnlicher Natternkopf (Echium vulgare), Gewöhnliches Bitterkraut (Picris hieracioides), Rispen-Flockenblume (Centaurea stoebe), Gewöhnlicher Hornklee (Lotus corniculatus), Wegwarte (Cichorium intybus) und Wilde Möhre (Daucus carota). Darüber hinaus machen der Verzicht auf Pestizide und der Erhalt naturnaher Strukturen wie altes Holz oder abgestorbene Pflanzenstängel den Garten zu einem optimalen Lebensraum für diese beeindruckende Wildbienenart.

Welche Pflanzen wertvoll für die heimische Insektenwelt sind, welche nützlichen Gartenstrukturen wir selbst anlegen können und wie wir diese pflegen, erfährst du unter anderem in den von mir vorgestellten Büchern »Mein Insektenparadies«, »Wer Schmetterlinge liebt, muss Raupen füttern«, »Biene sucht Balkon«, »Gartenmomente: Bienen- und insektenfreundlich gärtnern«, »Wildnis im Garten« und »Auf ins Beet! 30 wilde Gartenideen für Radieschenräuber und Bienenretter« oder auch online unter Deutschland summt und Wir tun was für Bienen. Schau einfach mal rein!

Steckbrief

  • Lateinischer Name: Osmia niveata FABRICIUS, 1804
  • Flugzeiten: Juni bis Juli
  • Lebensraum: Waldränder, Streuobstbestände, Viehweiden, Siedlungsbereich, Totholzstrukturen, trockenwarme Ruderalstellen sowie Hauswände und Mauern
  • Nahrung: spezialisiert (oligolektisch)
  • Nistweise: nistet in vorhandenen Hohlräumen
  • Kuckucksbiene: Schwarzflüglige Düsterbiene (Stelis phaeoptera KIRBY, 1802), möglicherweise Punktierte Düsterbiene (Stelis punctulatissima KIRBY, 1802)
  • Gefährdung: gilt in Deutschland als gefährdet, in Niedersachsen als vom Aussterben bedroht, und in Schleswig-Holstein als ausgestorben bzw. verschollen
  • Besonderheiten: baut ihre Nester aus zerkauten Pflanzenteilen, Entwicklung der Nachkommen dauert bis zu zwei Jahre

Bienenliteratur

  • Amiet, Felix & Krebs, Albert: Bienen Mitteleuropas – Gattungen, Lebensweise, Beobachtung. Haupt Verlag, Bern 2012.
  • Bellmann, Heiko & Helb, Matthias: Bienen, Wespen, Ameisen. Kosmos Verlag, Stuttgart 2017.
  • Hemmer, Cornelis & Hölzer, Corinna: Wir tun was für Bienen. Wildbienengarten, Insektenhotel und Stadtimkerei. Kosmos Verlag, Stuttgart 2017.
  • Løken, Astrid: Studies on Scandinavian Bumble Bees (Hymenoptera, Apidae). Norsk ent. Tidsskr. 20: 1–218 1973.
  • Michener, Charles Duncan: The Bees of the World. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2007.
  • Scheuchl, Erwin & Willner, Wolfgang: Wildbienen ganz nah – Die 100 häufigsten Arten schnell und sicher unterschieden. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2024.
  • Scheuchl, Erwin & Wolfgang Willner: Taschenlexikon der Wildbienen Mitteleuropas: Alle Arten im Portrait. Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co., Wiebelsheim 2016.
  • Westrich, Paul: Die Wildbienen Deutschlands, 2. Auflage, 1.700 Farbfotos. Ulmer-Verlag, Stuttgart 2019.
  • Wiesbauer, H.: Wilde Bienen – Biologie–Lebensraumdynamik von über 470 Wildbienen Mitteleuropas, 2. Auflage. Eugen Ulmer KG, Stuttgart 2017.

Sissis Resümee

Wer sich in der Natur auf die Suche nach der Einhöckrigen Mauerbiene (Osmia niveata) macht, bleibt als Laie meist ratlos zurück. Unsere heimische Wildbienenfauna ist komplex, die einzelnen Arten sind mit bloßem Auge meist nicht voneinander zu unterscheiden, zumal Wildbienen selten lange genug stillsitzen, um sie ausführlich betrachten zu können. Das geflügelte Wort vom »fleißigen Bienchen« kommt nicht von ungefähr!

Hinzu kommt, dass ihre bevorzugten Nahrungsquellen auch bei anderen Wildbienen sowie Schmetterlingen und Wespen beliebt sind. Flockenblumen (Centaurea) beispielsweise, von denen es  in der Schweiz rund zwanzig verschiedene Arten gibt, werden unter anderem auch gern von weiteren Mauerbienen (Osmia, Hoplitis), Schmalbienen (Lasioglossum), Furchenbienen (Halictus), Blattschneiderbienen (Megachile) und sogar Sandbienen (Andrena) besucht. Da musst du dich schon mit einer großen Lupe neben die Flockenblumen setzen und mit viel Geduld warten, bis du die Einhöckrige Mauerbiene entdeckst.

In der Schweiz lässt sich die Einhöckrige Mauerbiene jedoch eher selten blicken und wird als potenziell gefährdet eingestuft. Früher war sie in der gesamten Schweiz bis zu 1.700 Meter über dem Meeresspiegel verbreitet, heute ist sie aus dem Mittelland verschwunden. Laut »Aktionsplan Wildbienen Kanton Schaffhausen« in der aktualisierten Fassung von Februar 2024 kommt die Mauerbiene im Klettgau im Schaffhauserland vor – für mich ein guter Grund, endlich einmal den Naturpark Schaffhausen zu besuchen!

Außerdem werde ich im unteren Teil unseres Gartenumschwungs weitere Flockenblumen anpflanzen, um den vorhandenen Bestand zu ergänzen. Das macht dann hoffentlich nicht nur die Einhöckrige Mauerbiene, sondern auch viele andere Insekten froh. In diesem Sinne:

Wir sehen uns im Garten!

XOXO

Sissi

[Quelle: Stiftung für Mensch und Umwelt und eigene Recherche. Grafik: Dominik Jentzsch via Stiftung für Mensch und Umwelt. Artikelbild: Weibchen der Einhöckrigen Mauerbiene (Osmia niveata) bei der Nahrungsaufnahme auf Berg-Sandglöckchen (Jasione montana), fotografiert von Roland Günter.]